Use it or lose it – Warum Knobelaufgaben gut für unser Gehirn sind

Man hört und liest immer wieder, dass sogenanntes Gehirnjogging so gut für unseren Denkapparat sei. Aber warum eigentlich? Was passiert in unserem Gehirn, wenn wir es beanspruchen und was passiert, wenn wir es einfach bleiben lassen?

Unser Gehirn scheint auf dem ersten Blick ein starres und streng hierarchisches Gebilde zu sein. Es ist in feste Untereinheiten eingeteilt, die jeder schon mal irgendwo gehört hat: Großhirn, Kleinhirn, Kortex, Thalamus und viele viele mehr. Dabei wird jeder Region eine bestimmte Funktion zugeordnet. Der Motorkortex z.B. steuert die Bewegung, der visuelle Kortex verarbeitet das Sehen, im Hippocampus sitzt das Gedächtnis und im Mandelkern entstehen Emotionen. All diese unterschiedlichen Aufgaben werden dann irgendwie vernetzt und führen zum „Denken“. Alles ganz starr und strikt reguliert. Aber nein, unser Gehirn ist alles andere als starr! Auf kleinster Ebene ist es sogar ein Leben lang äußerst flexibel und das muss es auch sein, sonst wären wir nicht in der Lage zu Lernen oder Strategien zu entwickeln.

 

Ein Baum im Wind

 

Ein menschliches Gehirn besteht aus etwa 86 Milliarden Nervenzellen, die im Grunde alle gleich aufgebaut sind. Sie sind elektrisch erregbar, leiten also Strom, und genau das ist letztlich ihre einzige Funktion. Jede Nervenzelle hat im Wesentlichen die Struktur eines Baumes. Mit weit verzweigten Ästen nimmt sie Kontakt zu anderen Nervenzellen auf und sammelt von ihnen Eingangssignale. Diese werden im Zellkörper verrechnet und führen in ihrer Summe gegebenenfalls zu einem elektrischen Ausgangssignal über den Baumstamm. Jede Nervenzelle hat nur einen Baumstamm und kann entsprechend nur ein einziges und stets gleich starkes Ausgangssignal abgeben. Über ein wiederum weit verzweigtes Wurzelsystem wird dieses Ausgangssignal an viele unterschiedliche Nervenzellen weiter geleitet. Auf diese Weise kann jede einzelne der 86 Milliarden Nervenzellen mit bis zu 10000 anderen Nervenzellen in Kontakt stehen.


 Diese Kontaktstellen, sogenannte Synapsen, beinhalten das Geheimnis der Plastizität unseres Gehirns. Sie haben nämlich 2 markante Eigenschaften:

 

  1. Synapsen bilden sich ständig neu

Permanent entstehen in unserem Gehirn neue Synapsen. Jede Nervenzelle streckt seine Fühler zu seinen Nachbarn aus, um neue Kontaktstellen ausfindig zu machen. Unterschiedliche biochemische Prozesse wirken hier auf die winzigen Zellfortsätze ein, die dieses Wachstum begünstigen oder behindern können. Natürlich muss dieses Wachstum gesteuert werden, um den klaren strukturelle Aufbau des Gehirns zu erhalten, aber es gibt einen großen Spielraum. Ein Schlüssel hierzu ist Aktivität. Denn:

 

  1. Nur aktive Synapsen bleiben erhalten

Die Datenübertragung von einer Nervenzelle auf eine andere wird an den Synapsen verändert. Erreicht das elektrische Baumstammsignal die Synapse, werden hier chemische Botenstoffe ausgeschüttet, die von der Folgezelle wahrgenommen werden und dort zu einem chemischen Eingangssignal führen. Wird eine Synapse häufig benutzt, wird mehr Botenstoff zur Verfügung gestellt und freigesetzt. Es entsteht ein verstärktes Eingangssignal, welches wiederum in einem Feedbackmechanismus die Stabilität der Synapse und die Vitalität der vorgeschalteten Nervenzelle steigert und somit auch deren Aktivität bei der Suche nach neuen Kontakten. Wird eine Synapse wenig oder gar nicht benutzt, schwächt auch das ausgelöste Eingangssignal ab und es kommt schließlich zum Abbau der Synapse, verbunden mit einer gesunkenen Vitalität der betroffenen Nervenzellen.

 

Was bedeutet das nun in der Praxis?

 

Wenn wir etwas aktiv lernen wollen, z.B. Vokabeln, dann erreichen wir dies am besten durch mehrmaliges Wiederholen. Die beteiligten Synapsen werden immer wieder aktiviert und festigen sich. Ich kann mir die Vokabel schließlich merken und zwar genauso lange, wie ich sie ab und an benutze. Wenn ich sie aber irgendwann nicht mehr benutze, weil ich z.B. festgestellt habe, dass man Latein im Normalfall eben doch nicht benötigt, vergesse ich sie wieder.

 

Kommen wir zurück zum Gehirnjogging. Wenn wir also ab und an Denkaufgaben machen, die unsere Konzentration erfordern, dann aktivieren wir große Teile unseres Gehirns und begünstigen damit eine Festigung bestehender Synapsen, sowie die Ausbildung neuer. Wenn unser Gehirn nicht regelmäßig gefordert wird, verkümmern unsere Synapsen. Dieser Effekt spielt besonders im Alter eine wichtige Rolle. Denn hier lässt die Vitalität der Nervenzellen nach und es werden weniger Synapsen neu gebildet. Studien konnten außerdem zeigen, dass das Gehirn etwa ab dem 20. Lebensjahr stetig an Volumen verliert. Dieser Verlust beruht weniger auf den Untergang ganzer Zellen, als auf die Reduzierung der Komplexität ihrer Verzweigung. Dieser natürliche Prozess wird umso mehr verstärkt, je mehr sich ein Mensch im Alter gehen lässt, sein Interesse an der Welt verliert und sich einfach selbst nicht mehr fordert. Dem kann durch geistiger Aktivität gezielt entgegengewirkt werden.

 

Im englischsprachigen Raum gibt es hierfür eine Phrase: Use it or lose it!

Nutze es, oder verliere es!

 


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