Parkinson ist eine der weltweit häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen, die vor allem ältere Menschen betrifft. Zittern, Steifheit und verlangsamte Bewegungen sind die typischen Symptome. Die Ursache dieser Krankheit liegt tief im Gehirn: Schädliche Proteinablagereungen sammeln sich über viele Jahre an und bewirken schließlich, dass bestimmte Nervenzellen zu Grunde gehen. Dadurch ommt es dann zu den charakteristischen Symptomen. Bislang gibt es keine Therapie, die diese Ablagerungen direkt bekämpfen konnte. Eine neue Entdeckung in der Parkinsonforschung bietet jedoch Hoffnung, dass wir eines Tages nicht nur die Symptome, sondern die Krankheit selbst behandeln könnten.
Was ist Parkinson?
Parkinson wird durch den Verlust von bestimmten Nervenzellen im Gehirn verursacht, die für die Steuerung von Bewegungen unerlässlich ist. Da diese Zellen im Wesentlichen über den Botenstoff Dopamin kommunizieren, sinkt durch den Zellverlust der Dopaminspiegel, und die typischen motorischen Symptome treten auf. Therapeutisch Ist die Gabe von L-Dopa, eine Vorläufersubstanz von Dopamin, bisher das standardmäßige Vorgehen, um die Symptome zu mildern. Doch das ändert nichts an der Ursache und damit auch am Fortschreiten der Erkrankung. Denn eine wesentliche Rolle beim Absterben der Zellen spielen sogenannte Proteinaggregate. Diese schädlichen Ablagerungen bestehen aus dem Protein alpha-Synuclein, das sich in den Zellen verklumpt und deren normale Funktion zunehmend stört.
Die neue Entdeckung: AS69 verhindert Aggregatbildung
Ein Forscherteam der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und des Forschungszentrums Jülich hat einen vielversprechenden Ansatz entwickelt, um diese Proteinaggregate direkt anzugehen. In ihrer Studie zeigten sie, dass ein speziell entwickeltes Protein namens AS69 die Bildung dieser schädlichen Ablagerungen verhindern kann – und das bereits in sehr geringen Mengen. Was diese Entdeckung besonders spannend macht, ist die Art und Weise, wie AS69 wirkt: AS69 bindet an einen Teil des schädlichen alpha-Synuclein-Proteins, aber lässt andere Teile frei, die sich unstrukturiert bewegen. Diese freien Bereiche, sogenannte intrinsisch ungeordneten Bereiche (IDRs), spielen eine Schlüsselrolle: Sie helfen aktiv mit, die schädliche Fibrillenbildung zu verhindern. So sorgt AS69 dafür, dass das Protein nicht verklumpt – ein doppelter Schutz gegen die Ablagerungen, die bei Parkinson auftreten. Dies wurde sowohl in Laborversuchen (in-vitro) als auch in Zellmodellen bestätigt. Die Forscher fanden heraus, dass AS69 die schädlichen Prozesse in den Zellen auf eine Weise unterbindet, die vorher nicht möglich war.
Warum ist das wichtig?
Die Entdeckung von AS69 bietet einen möglichen Ansatz, um Therapien zu entwickeln, die nicht nur die Symptome von Parkinson verbessern, sondern diese stetig fortschreitende Krankheit tatsächlich an ihrem Ursprung packt. Durch die direkte Hemmung der schädlichen Proteinablagerungen könnte dieser Ansatz langfristig den Krankheitsverlauf sogar stoppen. Darüber hinaus könnte diese Forschung nicht nur für Parkinson, sondern auch für andere neurodegenerative Erkrankungen von großer Bedeutung sein. Auch bei Krankheiten wie Alzheimer und Chorea Huntington spielen schädliche Proteinablagerungen eine zentrale Rolle. AS69 könnte somit der erste Schritt sein, eine ganze Klasse von Erkrankungen direkt an ihrer Wurzel zu bekämpfen.
Was bedeutet das für die Zukunft der Therapie?
Obwohl die Entdeckung von AS69 und seiner Wirkung vielversprechend ist, stehen wir noch am Anfang des Weges. Die bisherigen Ergebnisse stammen aus Laborversuchen, und es wird noch einige Zeit dauern, bis diese Erkenntnisse in klinischen Studien am Menschen getestet werden können. Dennoch ist dies ein wichtiger Schritt in Richtung einer ursächlichen Therapie, die nicht nur die Symptome, sondern auch die zugrunde liegenden Mechanismen von Parkinson und anderen neurodegenerativen Erkrankungen bekämpft.
Die Rolle der Grundlagenforschung
Diese Entdeckung unterstreicht erneut die Bedeutung der Grundlagenforschung. Ohne ein tiefes Verständnis der molekularen Mechanismen, die zur Aggregation von alpha-Synuclein führen, wäre es unmöglich, gezielte Inhibitoren wie AS69 zu entwickeln. Grundlagenforschung mag oft abstrakt erscheinen, aber sie bildet die Grundlage für die Medizin von morgen. Nur durch das Entschlüsseln der komplexen biologischen Prozesse in unseren Zellen können wir neue, innovative Therapien entwickeln, die das Leben von Millionen von Menschen verbessern könnten.
Ein Blick in die Zukunft
Mit jedem wissenschaftlichen Fortschritt kommen wir dem Ziel näher, neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson besser zu verstehen und effektiver zu behandeln. Die Entdeckung von AS69 ist ein vielversprechender Meilenstein auf diesem Weg. Es bleibt spannend, welche weiteren Erkenntnisse die Forschung in den kommenden Jahren liefern wird und welche neuen Therapieoptionen sich daraus ergeben könnten.
Quelle:
Schulz CM, Agerschou ED, Gardon L, Heise H, Tamgüney G, Hoyer W. Disordererd regions og inhibitor-bound alpha-synuclein supress seed-induces fibril nucleation in cells. Cell reports Physical Science 5, 102180, Sept. 18, 2024
Dr. rer. nat. Annika Mix